Finanzen für Frauen: Die richtige Altersvorsorge und der Weg zur finanziellen Unabhängigkeit
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- Europaweit ist eine mangelnde Finanzbildung, vor allem in den Bereichen Altersvorsorge und Geldanlage, bei Frauen besonders hoch ausgeprägt.
- Die wenigsten beschäftigen sich mit dem Thema Geldanlagen und schrecken meist davor zurück, ihr Geld zu investieren.
- Der Gender Pay Gap liegt EU-weit bei 15 Prozent. In der Schweiz liegt der geschlechterspezifische Unterschied im Einkommen etwa auf dem gleichen Niveau.
- Wer weniger verdient und eingezahlt hat, erhält später weniger Rente. Daher sind vor allem Frauen von Altersarmut betroffen. In der Schweiz liegt der Gender Pension Gap bei etwa einem Drittel.
- Private Altersvorsorge ist deshalb essenziell und verbessert die finanzielle Situation im Alter enorm.
In Sachen Gleichberechtigung hat sich in den letzten hundert Jahren viel getan. Nur bei den Finanzen ist die Emanzipation noch nicht endgültig angekommen: Immer noch sind es hauptsächlich Männer, die für Finanzen und Altersvorsorge zuständig sind. Frauen müssen finanziell unabhängiger werden, um auch später gut versorgt zu sein und der Altersarmut entgegenzuwirken.
Mit vielen traditionellen Rollenbildern wurde schon vor einer ganzen Weile aufgeräumt. Vorbei sind die Zeiten, in denen Frauen um Wahlrecht oder freie Berufsausübung kämpfen mussten – zum Glück! Aber der Weg zur finanziellen Freiheit scheint auch in heutigen Zeiten noch weit zu sein. Zu viele Frauen verlassen sich in Partnerschaften und Ehen auf den Mann – und haben deshalb im Falle von Trennungen oder Todesfällen das Nachsehen. Gender Pay Gap, minimale Rente und Altersarmut bei Frauen sind Dinge, die in einer modernen Gesellschaft eigentlich nichts mehr zu suchen haben sollten. Umso wichtiger ist es daher, seine Vorsorge und Finanzen als Frau selbst in die Hand zu nehmen!
So ist die Lage von Frauen und Finanzen in Europa
Dass Frauen sich insgesamt weniger um das Thema Finanzen kümmern als Männer, liegt vor allem an mangelnder Finanzbildung. Die Wissenslücke zwischen Männern und Frauen wird auf Basis von Studien auf mindestens 20 Prozent geschätzt, in vielen Ländern sogar deutlich höher.
In Umfragen haben sogar Dreiviertel der Teilnehmerinnen ihre Finanzkenntnisse als niedrig oder nicht vorhanden eingeschätzt. Das zeigt: Frauen müssen besser aufgeklärt werden, und das möglichst früh. Angst und Unwissenheit sind die grössten Hindernisse, wenn es darum geht, aktiv etwas für die eigene Altersvorsorge zu tun.
Immer mehr Frauen sparen zwar, Geld investieren tun aber die wenigsten. Stattdessen neigen sie zu vermeintlich sicheren Formen der Geldanlage wie Sparbüchern und Tagesgeldkonten. Aufgrund von Niedrigzins und Inflation verliert das Ersparte hier allerdings sogar an Wert.
Anlageformen mit höheren Renditen wie Aktien und Fonds stehen die meisten Frauen aufgrund mangelnder Erfahrungen aber skeptisch gegenüber. Dabei sind Frauen laut Experten sogar die besseren Anleger: Weniger Selbstüberschätzung, mehr Ruhe und ihr langfristiges Denken sorgen für erfolgreichere Investitionen an der Börse und einen effizienteren Vermögensaufbau.
Anstatt sich mit dem Thema zu beschäftigen, überlässt ein Grossteil der Frauen alle Finanzentscheidungen ihren Partnern. Viele verfügen nicht einmal über ein eigenes Konto.
In Zeiten steigender Trennungs- und Scheidungsraten ist das besonders bitter, denn ohne eigene finanzielle Absicherung steht man dann schnell an der Grenze zur Armut. Der Mehrheit der jungen Frauen droht später die Altersarmut, wenn sich an der aktuellen Situation nichts ändert.
Altersvorsorge für Frauen: Wer nichts tut, dem droht die Altersarmut
Die zunehmende Altersarmut unter Frauen hat gleich mehrere Ursachen. Immer noch klafft zwischen Männern und Frauen europaweit ein Einkommensunterschied von durchschnittlich 15 Prozent, der sogenannte Gender Pay Gap. Die Schweiz schneidet mit geschätzten 11 bis 18 Prozent Differenz etwa gleich ab.
Ausserdem können die meisten Frauen im Rentenalter weniger Berufsjahre und Rentenpunkte vorweisen als ihre männlichen Kollegen – Kinderpausen, Erziehungszeiten und Teilzeitbeschäftigung sind laut Statistiken immer noch grösstenteils „Frauensache“. Und wer zu Berufszeiten weniger in die Rentenkasse zahlt, bekommt im Alter auch eine geringere Rente.
Hinzu kommen die fehlende finanzielle Bildung und eine höhere Lebenserwartung als Männer. Frauen sorgen also nicht nur viel zu selten für sich selbst vor, sie leben im Schnitt auch fünf Jahre länger – und benötigen damit umso mehr Geld im Alter.
Der Gender Pension Gap, also der Unterschied der Rente zwischen Männern und Frauen, liegt im europaweiten Durchschnitt bei 38 Prozent. Schweizer Frauen erhalten durchschnittlich ein Drittel weniger Rente wie Männer.
Es wird also höchste Zeit, die eigene Altersvorsorge selbst in die Hand zu nehmen. So schön es auch ist, sich in einer Partnerschaft oder Ehe gegenseitig zu unterstützen und finanziell auf den Partner verlassen zu können, ist das langfristig meistens keine gute Idee. Nach einer Trennung oder dem Tod des Partners folgt oft das böse Erwachen – Unterhalt oder Witwenrente reichen meist nicht aus, um davon leben zu können, geschweige denn etwas für die private Altersvorsorge zu tun.
Frauen im Arbeitsleben: Von Gender Pay Gap und Teilzeitfalle
Der Gender Pay Gap zeigt, wo die Probleme entstehen. Denn wer weniger Geld verdient und daher weniger einzahlt, erhält später auch eine geringere Rente. Obendrein fehlt das Geld, um privat vorzusorgen. Arbeitslosigkeit und geringe Einkommen führen also meist dazu, dass es auch im Rentenalter nicht gerade rosig aussieht.
Das liegt nicht nur daran, dass Arbeitnehmerinnen häufiger als Männer in schlechter bezahlten Berufen und Branchen arbeiten oder dass es weniger weibliche Führungskräfte gibt: Selbst bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit liegt der Gender Pay Gap immer noch bei durchschnittlich 6 Prozent.
In Spitzenpositionen sieht es nicht besser aus: Weibliche Führungskräfte erhalten im europäischen Durchschnitt nur 77 Prozent des Gehalts der Männer.
Um auf den Gender Pay Gap aufmerksam zu machen, wurde der Equal Pay Day ins Leben gerufen. Der Europäische Equal Pay Day findet dieses Jahr am 10. November 2021 statt: Ab diesem Tag arbeiten europäische Frauen quasi umsonst, wenn man für den Rest des Jahres von einem gleich hohen Tageslohn für beide Geschlechter ausgeht. Im europäischen Durchschnitt erhalten Arbeitnehmerinnen dank Gender Pay Gap im Vergleich zu Männern also ganze 50 Tage lang keinen Lohn für ihre Arbeit!
Gerade Mütter sind besonders von finanzieller Abhängigkeit, geringen Einkommen und Altersarmut betroffen. In den meisten Familien ist nämlich noch immer der Mann der Hauptverdiener, während Mütter Berufspausen einlegen oder in Teilzeit arbeiten, um die Kinderbetreuung zu übernehmen – das bremst nicht nur die eigene Karriere, sondern verringert auch die gesetzliche Rente.
In der Schweiz arbeiten nur etwa ein Viertel aller Frauen in Vollzeit, Mütter in Partnerschaften sogar noch seltener. Mangelnde Betreuungsplätze, zu wenig Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und geringe Unterstützung vom Staat sorgen dafür, dass gut funktionierende Modelle, um Familie und Karriere zusammenzubringen, nicht umgesetzt werden können oder ganz fehlen.
So klappt’s mit der finanziellen Selbstbestimmtheit
Jede Frau, egal welchen Alters, sollte sich finanziell unabhängig machen und früh um ihre Altersvorsorge kümmern.
Wer sowieso selbst berufstätig ist und in die Rentenkasse einzahlt, sorgt zumindest schon einmal für eine gesetzliche Rente. Da das Geld aber bei den meisten Menschen nicht reichen wird – Stichwort Rentenlücke – sollten sich auch Berufstätige um zusätzliche Bausteine für ihre Altersvorsorge kümmern. Ausserdem ist die Absicherung der eigenen Arbeitskraft, zum Beispiel durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung, essenziell.
Nicht immer ist es möglich, dauerhaft und ohne Pausen Vollzeit zu arbeiten. Für Frauen, die zum Beispiel aufgrund von Kindern oder pflegebedürftige Angehörigen nicht oder weniger arbeiten, ist eine private Altersvorsorge deshalb sogar noch wichtiger. Ob Rentenversicherung oder Fondssparplan: Viele Modelle sind flexibel, können selbst in Berufspausen mit kleinen Beiträgen geführt werden und erhalten häufig sogar steuerliche Vergünstigungen.
Wer noch finanziell abhängig vom Partner ist, sollte unbedingt darüber nachdenken, sich ein eigenes Notfallkonto mit Rücklagen anzulegen, um im Fall der Fälle auch allein über die Runde zu kommen. Sinnvoll ist auch die Führung eines Haushaltsbuchs – möglicherweise kannst du an der ein oder anderen Stelle im Alltag Geld sparen, das stattdessen in deine Altersvorsorge fliessen kann.
Der erste Schritt ist immer der, sich überhaupt einmal mit dem Thema Geld zu beschäftigen. Wer ausserdem die eigenen Ziele und Wünsche festlegt und seine Zukunft ein wenig plant, ist direkt besser gerüstet.
Dabei spielen verschiedene Fragen eine Rolle: Wo siehst du deine berufliche Zukunft? Möchtest du Kinder haben, stehen möglicherweise Jobpausen an? Wie stellst du dir deinen Ruhestand vor und weisst du, was du nach jetzigem Stand an gesetzlicher Rente erwarten kannst? Was passiert im Falle einer Trennung vom Partner, was im Falle der Berufsunfähigkeit?
Spätestens hier kommt der Punkt, an dem es Sinn macht, sich beraten zu lassen. Ein Experte kann dir helfen, deine Ist-Situation zu analysieren, dich gegen Risiken abzusichern, richtig vorzusorgen und gleichzeitig staatliche Förderungen zu nutzen. Das lohnt sich schon in jungen Jahren: Alles, was du jetzt für deine Vorsorge tust, zahlt sich später aus!